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Biografie

Andersen-Biografie

Jugend und Ausbildung

Andersen_PoseHans Christian Andersen wurde am 2. April 1805 in Odense auf der dänischen Insel Fyn geboren. Seine Eltern waren der verarmte Schuhmachers Hans Andersen (1782–1816) und die alkoholkranke Wäscherin Anne Marie Andersdatter (ca. 1775–1833). Durch die finanzielle Lage seiner Familie, war es Andersen kaum möglich die Schule zu besuchen. Erst 1822 erhielt er Unterstützung durch den dänischen König Friedrich VI, dem seine Begabung aufgefallen war, sodass Andersen an der Lateinschule in Slagelsen lernen konnte. Bis 1828 wurde ihm auch das Universitätsstudium bezahlt.
Andersens Vater verstarb als der Sohn erst elf Jahre alt war und ließ ihn mittellos zurück. Um sich und seine Mutter durchzubringen, arbeitete er zunächst in einer Fabrik. Mit 14 versuchte er sich in Kopenhagen vergeblich als Theaterschauspieler und Sänger. Währenddessen verfasste er schon seine ersten Gedichte. Schließlich nahm ihn Konferenzrat Jonas Collin, der damalige Direktor des Königlichen Theater Kopenhagen (Det Kongelige Teater), in seine Obhut und in seinem Haus auf. Dort fühlte er sich besonders zu dem Sohn seiner Gasteltern, Edvard Collin, hingezogen, der die Zuneigung jedoch nicht erwiderte. Dafür verband ihn schon bald eine enge Freundschaft mit der jüngsten Tochter Louise Collin.

Erste Werke

Am Ende seiner Schulzeit, als Andersen etwa 18 Jahre alt war, entstand das Gedicht Das sterbende Kind, in dem der Autor die Welt aus den Augen eines kleinen Kindes beschrieb. Diese Perspektivwahl wurde später typisch für sein literarisches Schaffen. Das Gedicht wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht.

Das sterbende Kind

Mutter, ich bin müde und ich sehne
Mich, zu schlafen an dem Herzen Dir.
Heiß auf mein Gesicht fällt Deine Thräne,
Weine länger nicht, versprich es mir!
Hier ist’s kalt und draußen Stürme wehen,
Doch im Traum ist Alles licht und klar.
Engelskindlein hab‘ ich dort gesehen
Immer, wenn mein Aug‘ geschlossen war.
(übersetzt von Ludolph Schley, 1853)

Andersen Biografie: Scherenschnitt
Scherenschnitt von H. C. Andersen

In dieser Zeit schrieb Andersen auch sein erstes, nicht veröffentlichtes Märchen vom Talglicht, von dem das Manuskript erst 2012 gefunden wurde. Ab 1822 publiziert er bereits erste Gedichte, Erzählungen und Theaterstücke. Seinen ersten Erfolg feierte er 1829 mit einer von E.T.A. Hoffmann inspirierten fantastischen Erzählung namens Fodreise fra Holmens Canal til Østpynten af Amager i årene 1828 og 1829 (Etwa: Spaziergang vom Holmen-Kanal zum östlichen Punkt von Amager in den Jahren 1828 und 1829). Neben der Literatur war Andersen auch dem Scherenschnitt sehr zugetan.

Gib mir eine Braut! Mein Blut will Liebe, wie mein Herz es will!

Andersen Biografie: Die Frauen
Andersen-Biografie: Die Frauen

In Liebesdingen war Hans Christian Andersen ein Spätentwickler, weil er sich lange Zeit geschlechtlichen Beziehungen enthielt. Mit 25 Jahren lernte er schließlich Riborg Voigt kennen, die Schwester seines Studienfreundes Christian Voigt. Sie war voller Enthusiasmus für seine Fodreise und Gedichte und bemerkenswert hübsch. Andersen verliebte sich auf der Stelle in sie, doch war sie bereits einem anderen Mann versprochen. Riborg sollte seine erste unerfüllte Liebe sein. Ihren Abschiedsbrief bewahrte er sein Leben lang in einem Ledersäckchen nahe seinem Herzen auf, wo man ihn nach seinem Tod fand.
In seinen späten Jahren war er mit vielen bekannten Frauen befreundet: Henriette Wulff, Tochter des Kommandeurs P. F. Wulff, ferner Sophie Ørsted, Tochter des berühmten Entdeckers des Elektromagnetismus und Andersens Freund Hans Christian Ørsted, und die Opernsängerin Jenny Lind (1820-1887), auch „die schwedische Nachtigall“ genannt, die er sehr verehrte. Andersen blieb jedoch zeit seines Lebens unverheiratet. Im Hans-Christian-Andersen-Center an der Universität von Süd-Dänemark in Odense kann sein umfangreicher Briefwechsel zur Kenntnis genommen werden.

Reisen und spätere Werke

Andersen Biografie: Dickens
Charles Dickens

Nach der Heirat Riborgs unternahm Andersen mit Hilfe eines staatlichen Reisestipendiums, das er Anfang der 1830er Jahre erhielt, mehrere Reisen nach Deutschland, England, Italien, Spanien und in das Osmanische Reich. Unter dem Einfluss der italienischen Landschaft entstanden die ersten Vorformen der Kleinen Meerjungfrau. Die Beschreibung der Welt in dem gleichnamigen Märchen zeigt deutlich den italienischen Einfluss.

Auf seinen Reisen hinterließ Andersen nicht nur einen guten Eindruck. So lernte er etwa 1847 den seinerseits sehr geschätzten Charles Dickens kennen und baute ein freundschaftliches Briefverhältnis zu ihm auf. Als er ihn aber 10 Jahre später für zwei Wochen besuchen kam, überstrapazierte er die Nerven seines Gastgebers. Dickens beschwerte sich darüber, dass Andersen wann immer er sich in London befand, in wilde Verwicklungen mit Taxis und Sherry begab, aus denen er sich scheinbar nicht mehr befreien konnte, bis er wieder zu Dickens Haus kam, Papier in alle möglichen Muster zerschnitt und die merkwürdigsten Sträußchen in den Wäldern sammelte. („…whenever he got to London, he got into wild entanglements of Cabs and Sherry, and never seemed to get out of them again until he came back here, and cut out paper into all sorts of patterns, and gathered the strangest little nosegays in the woods.“. Charles Dickens in einen Brief an William Jerdan, 21. Juli 1857) Auch Dickens Tochter hatte schon bald die Nase voll von diesem knöchrigen Langweiler, der einfach nicht gehen wollte („a bony bore, and stayed on and on“). Andersen hingegen schien von der Unbehaglichkeit der förmlichen Engländer nichts zu bemerken und genoss seinen Aufenthalt, den er schließlich auf fünf Wochen ausdehnte, sehr. Als Dickens nachher Andersens Briefe unbeantwortet ließ, hatte dieser keine Ahnung warum. Der Gastgeber – erleichtert über den Abschied – soll sogar einen Zettel an den Spiegel geklebt haben, der in Andersens Gästezimmer stand, mit der Aufschrift:

„Hans Andersen slept in this room for five weeks — which seemed to the family AGES!“

Viele von Andersens Werken sind beeinflusst durch seine Reisen. Mit seiner Reiseerzählung Der Improvisator etwa gelingt ihm schließlich ein großer Erfolg – allerdings erst in Deutschland und später in Dänemark. Ab den 1830er Jahren widmet sich Andersen auch der Märchenwelt, so entstehen bis zu seinem Lebensende 168 Märchen für kleine und große Leser.

Resonanz

Andersen BiografieIn der Wissenschaft wird seit dem 19. Jahrhundert kontrovers diskutiert, ob Andersen homosexuell gewesen sei. Erstmals vertieft wurde die Diskussion 1901 mit dem Artikel Hans Christian Andersen: Beweis seiner Homosexualität von Carl Albert Hansen Fahlberg (Albert Hansen) in Magnus Hirschfelds Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen. Jüngere Untersuchungen haben versucht, in Andersens Märchen und Romanen insbesondere das Thema der homoerotischen Maskierung herauszuarbeiten.
Wenige Monate vor seinem Tod empfing der Dichter den Fotografen C. Weller der Firma Hansen, Schou & Weller, um Aufnahmen von sich in seinen Privaträumen anfertigen zu lassen. Auch einen Komponisten soll er bestellt haben, den er damit beauftragte, eine Trauermusik zu schreiben, die so ausgelegt sein sollte, dass auch Kinder mit kleinen Schritten dem Sarg folgen konnten.

Andersen Biografie
Hans Christian Andersen auf dem Sterbebett
Andersen starb siebzigjährig als international verehrter und anerkannter sowie hochdekorierter Künstler am 4. August 1875 in Kopenhagen und wurde dort auf dem Kopenhagener Assistenzfriedhof beigesetzt. Der Trauerfeier wohnten Könige und Prominente bei und wenige Zeit später erklärte man Andersen zum dänischen Nationaldenkmal. Außerdem wurde ihm mit der 1913 aufgestellten Skulptur der kleinen Meerjungfrau ein Denkmal gesetzt, das heutzutage als Wahrzeichen Kopenhagens gilt.

Sein literarisches Vermächtnis besteht aus 168 Märchen, die er zunächst für Kinder, später auch für Erwachsene verfasste und etwa 1000 Gedichte. Die Werke Hans Christian Andersens wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt und sind nicht zuletzt dank ihrer zahlreichen Adaptionen für Theater, Ballett, Hörspiel und Film weltweit bekannt.

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